das-blog

Haftung und Versicherungsschutz bei der Erstellung und Weitergabe von juristischen Gutachten

| 1 Kommentar

Diesen Beitrag lesen Sie in ca. 291 Sekunden.

A.    Ausgangssituation

Rechts- und Patentanwälte werden häufig gebeten, zu bestimmten juristischen Fragen Stellung zu nehmen.

Die Ergebnisse solcher Gutachten werden in sogenannten Legal Opinions oder auch Reliance letters festgehalten, wonach die anwaltliche Prüfung eines Sachverhalts bestimmte Ergebnisse zu Tage gefördert hat. Solche Erklärungen werden vom auftraggebenden Mandanten oftmals Dritten vorgelegt (zum Beispiel finanzierenden Banken). Diese stützen ihre Investitionsentscheidung auf die Erklärung des Anwalts. Das kann zu behaupteten Haftungsansprüchen führen, wenn sich die Entscheidung im Nachhinein als unvorteilhaft herausstellt. Fraglich ist dann, wie sich die Haftung und der Versicherungsschutz hierfür darstellen.

 

B.   Haftung

Bei der Haftung für eine fehlerhaft erstellte Legal Opinion ist zu unterscheiden zwischen der Haftung gegenüber dem Mandanten und der gegenüber Dritten.

I. Mit der Legal Opinion übernimmt ein Rechts- oder Patentanwalt gegenüber seinem Mandanten eine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 BRAO bzw. PAO mit der Folge, dass dieser Tätigkeit ein echter Anwaltsvertrag zugrunde liegt. Aus diesem Grund ist der Anwalt dem Mandanten verpflichtet, das angestrebte Ziel und den dafür maßgeblichen Sachverhalt zu klären sowie über das Ergebnis der Prüfung der Sach- und Rechtslage zu belehren. Ist eine Legal Opinion fehlerhaft, haftet der Anwalt dem Mandanten gegenüber nach den allgemeinen Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, s. § 280 BGB. Dieser Fall weist keine haftungsrechtlichen Besonderheiten auf.

II. Der Dritte unterhält in der Regel keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu dem Anwalt. Allerdings trifft er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Legal Opinion Maßnahmen, die schlussendlich zu einem Schaden bei dem Dritten führen. Ist der zwischen dem Anwalt und dem Mandanten abgeschlossene Vertrag inhaltlich so gefasst, dass die Rechtsberatung in Form der Legal Opinion an einen Dritten zu erbringen ist und dieser das Recht hat die Leistung zu fordern, so liegt ein Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne der §§ 328 f. BGB vor. Dies hat zur Folge, dass der Dritte Schadenersatz im eigenen Namen fordern kann (zu den Voraussetzungen im einzelnen s. Zugehör, Berufliche „Dritthaftung“ insbesondere der Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare in der deutschen Rechtsprechung, NJW 2000, 1601).

III. Bei einer Legal Opinion dürfte ein solches eigenes Leistungsforderungsrecht eines Dritten aber nur selten gegeben sein: Zum einen ist der Anwalt grundsätzlich nur Interessenswahrnehmer einer Partei (§ 3 PAO), so dass die Leistung grundsätzlich nur gegenüber dem Auftraggeber zu erbringen ist (Chab in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., Rdnr. 1156). Zum anderen sind Fälle denkbar, in denen der Anwalt gar keine Kenntnis darüber hat, dass Dritte eingeschaltet wurden. Daher kann der Dritte nur dann Ersatz eines eigenen Schadens fordern, wenn gem. § 328 Abs. 2 BGB der Vertragszweck im Einzelfall ergibt, dass er hierzu selbst und unmittelbar berechtigt ist. Das dürfte aber in aller Regel nicht der Fall sein.

Foto weisses Paragraphenzeichen auf rotem HintergrundIV. Etwas anderes ergibt sich aber dann, wenn der Vertrag des Anwalts mit dem Mandanten Schutzwirkungen zu Gunsten des Dritten entfaltet. Dies ist dann der Fall, wenn der Dritte in den Schutzbereich von Nebenpflichten des Vertrages zwischen Anwalt und Mandant einbezogen ist und ein erkennbares Schutzbedürfnis des Dritten besteht (vergleiche Jungk in Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 5. Aufl., Rdnr. VI 26). Dies hat die Rechtsprechung insbesondere dann angenommen, wenn Rechts-und Wirtschaftsberater kraft ihrer Sachkunde Rechtsgutachten anfertigen, auf deren inhaltliche Richtigkeit Dritte vertrauen und diese -für den Rechts-und Wirtschaftsberater erkennbar – von den gutachterlichen Feststellungen unmittelbar betroffen sind (BGH NJW 1983, 1053). Dann – aber auch nur dann – kann der Dritte unmittelbar Ansprüche geltend machen. Entscheidend dürfte daher der Einzelfall sein.

V. Wenn die Legal Opinion dem Dritten lediglich zur Verfügung gestellt wird, ohne dass dieser von den gutachterlichen Feststellungen unmittelbar betroffen ist, so begründet der Anwalt mit dieser Tätigkeit den Dritten gegenüber eigene Pflichten, weil diese auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der anwaltlichen Auskunft vertrauen. Dann ist dieses Vertragsverhältnis als Auskunftsvertrag gem. § 676 BGB zu qualifizieren. Hierdurch entstehen neue, neben dem ursprünglichen Mandatsverhältnis stehende eigenständige rechtliche Verpflichtungen, bei deren Verletzung Dritte eigene Ansprüche geltend machen können (vgl. Diller, Kein Versicherungsschutz des Anwalts für „Reliance Letter“?, AnwBl 2010, 52).

C.   Versicherungsschutz

I. Versichert ist im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht des Anwalts aus der gegenüber seinem Auftraggeber freiberuflich ausgeübte Tätigkeit als Rechts- oder Patentanwalt.

II. Hieraus folgt zum einen, dass Fehler bei der Erstellung einer Legal Opinion im bedingungsgemäßen Umfang versichert sind, wenn diese gegenüber dem Mandanten erstellt wird und vom Umfang der bestehenden Versicherung erfasst ist. Hier kann sich unter Umständen zusätzlicher Bedarf an Versicherungsschutz ergeben, wenn zum Beispiel die zum Zeitpunkt der Erstellung der Legal Opinion vereinbarte Versicherungssumme das Schadenpotenzial nicht erreicht.

III. Werden Dritte durch Gesetz oder Rechtsprechung berechtigt, aus dem Vertrag zwischen Anwalt und Mandant Rechte bei Vertragsverletzungen herzuleiten, so ist dies Ausfluss der gesetzlichen Haftpflicht aus der gegenüber dem Auftraggeber ausgeübten Tätigkeit als Anwalt. Eine Haftung, die ohne weiteres Zutun des Anwalts aus der bereits gegenüber dem Mandanten ausgeübten Tätigkeit entsteht, ist vom Versicherungsschutz umfasst, ohne dass es besonderer Vereinbarungen mit dem Versicherer bedarf. Daher sind die oben genannten Fälle des Vertrags zu Gunsten Dritter auch des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten des Dritten vom Versicherungsschutz umfasst.

 D.   Ergebnis

 I. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Haftung für die gegenüber dem Mandanten fehlerhaft erstellte Legal Opinion sich nach allgemeinen Grundsätzen der Anwaltshaftung bei rechtsberatender Tätigkeit bestimmt. Deren Versicherung bzw. Versicherbarkeit ist in aller Regel unproblematisch.

II. Die Haftung gegenüber Dritten bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist insbesondere abhängig davon, welchen Inhalt die vertragliche Vereinbarung zwischen Anwalt und Mandant hat. Soweit dadurch keine weitergehenden Pflichten begründet werden, kann der Versicherungsschutz bejaht werden. Andernfalls ist die Versicherbarkeit mit dem Makler bzw. dem Berufshaftpflichtversicherer zu erörtern.

print

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.